Verbreitung von pdflatex, xelatex und lualatex

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Calvin
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Verbreitung von pdflatex, xelatex und lualatex

Beitrag von Calvin »

Hallo zusammen,

nach vielen Jahren ohne LaTeX habe ich mal wieder Lust, etwas damit intensiver zu beschäftigen und meine uralten Vorlagen auf Vordermann zu bringen. Die erste Frage, die sich mir stellt: Wie ist die Verbreitung von pdflatex, xelatex und lualatex?

Über die technischen Unterschiede der drei habe ich in den letzten Tagen viel gelesen und habe die auch verstanden. Nur über die Verbreitung habe ich nichts gefunden.

Bis vor 10 Jahren hatte ich ein umfangreiches LaTeX-Wissen. Damals war der Status

  • die meisten Anwender nutzten pdflatex. Wer was anderes nutzte, hat das bei Foren-Fragen explizit erwähnt
  • xelatex und luatex waren neu und besser, weil sie UTF8 und System-Schriften unterstützen
  • xelatex war aber stabiler als lualatex und "wird die Zukunft sein"

Das sind auch Argumente, die ich in den letzten Tagen immer wieder gelesen habe. Aber wenn ich es richtig verstanden habe, kann pdflatex inzwischen auch UTF8. Insofern wäre einer der zwei großen Vorteile gegenüber pdflatex wieder weg.

Hat sich xelatex weiter verbreitet? Ist es von den Paketen gut unterstützt? Oder ist immer noch pdflatex der "Standard"? Ich bin gespannt, wie sich das in den letzten Jahren entwickelt hat und wo ich mal wieder tiefer eintauchen werde :-)

Gruß
Calvin

EDIT
Das Forum hat mir jetzt tatsächlich einen Vorschlag unter meinen Beitrag gemacht :-) https://golatex.de/viewtopic.php?f=22&t=17127

Um die Frage daraus zu beantworten: Was sind meine Anforderungen? Es muss ein pdf rauskommen. UTF8-Support wäre von Vorteil. Und die Systemschriften ein netter Nebeneffekt.

Hauptsächlich geht es mir eher darum, was gut unterstützt wird und wo ich bei Bedarf Doku oder Community-Hilfe habe. Gefühlt war für mich damals pdflatex "angenehmer" als die Umwege über dvi/ps.

Sofern xelatex kein Exot (oder totes Pferd) mehr ist, würde ich mir das schon näher anschauen wollen.


gast

Re: Verbreitung von pdflatex, xelatex und lualatex

Beitrag von gast »

Schon vor zehn Jahren ist lualatex als Nachfolger von pdflatex angetreten, war so gesehen also die Zukunft. Heute ist lualatex vergleichbar stabil wie xelatex. Mit luahbtex, das seit TeX Live 2020 die Basis für lualatex ist, ist der Vorsprung von xelatex bei bestimmten Sprachen deutlich geschrumpft. lualatex hat dagegen Vorteile bei der Einbindung von Fonts via Fontname statt Dateiname. Und es bietet über den Lua-Teil der Engine Möglichkeiten, die kein andere andere TeX-Engine hat. So gibt es inzwischen einige sehr interessante Pakete, die auf lualatex angewiesen sind oder damit weit leistungsfähiger sind. Die Zukunft bei tagged-PDF setzt klar auf lualatex, wenn auch derzeit noch vieles auch notdürftig mit pdflatex geht. Unschlagbar ist das Speichermanagement von lualatex. Das merkt man ganz schnell, wenn man aufwändigere Plots mit pgfplots erstellt. Da steigen pdflatex und xelatex teilweise recht schnell mit Speichermangel aus, während lualatex einfach dynamisch mehr Speicher alloziert.

Die UTF-8-Unterstützung in LaTeX für pdflatex wird übrigens nie an die native UTF-8-Unterstützung durch xelatex oder lualatex heranreichen. Für die Engine pdftex bleiben eben Mehrbyte-UTF-8-Zeichen immer mehrere Zeichen, während es für xetex und luatex ein Zeichen ist. Und es bedeutet immer Extraaufwand auf Tokenebene diese Besonderheit zu verarbeiten. Das führt beispielsweise dazu, dass bei den regulären Ausdrücken in l3kernel solche Mehrbyte-Zeichen mit pdflatex teilweise nicht so verarbeitet werden, wie der Anwender sich das erhofft. Wenn eben [äöü] in Wirklichkeit in vier statt drei erlaubte Zeichen zerfällt, dann kann das schon Auswirkungen haben.

Verbreitet sind inzwischen alle drei Engines. Beide großen TeX-Distributionen stellen sie bereit. Overleaf schaltet bei Verwendung von fontspec automatisch auf LuaLaTeX um. Viele Beispiele in den Foren verwenden fontspec und sind damit für LuaLaTeX oder XeLaTeX aber nicht für PDFLaTeX. Andere verwenden weder fontenc noch (das inzwischen ohnehin meist überflüssige) inputenc und sind ggf. sogar für alle drei Engines geeignet. Nur an Unis scheinen noch immer Beispiele herumzugeistern, die sogar \usepackage[latin1]{inputenc} verwenden. Das ist dann schon ein Hinweis, dass man besser die Finger davon lassen sollte, weil der Code seit Jahren nicht mehr vernünftig gepflegt wurde. Alle weit verbreiteten LaTeX-Editoren verwenden in der Voreinstellung inzwischen UTF-8.

Meine Empfehlung: Nimm lualatex oder xelatex. Wenn du ein alter PS-Tricks-Fan bist, dann nimm xelatex. Wenn du beispielsweise automatisch Ligaturen nur an den richtigen Stellen haben willst oder intensiv mit pgfplots arbeiten willst, dann nimm lualatex. Wobei der Wechsel von xelatex zu lualatex oft problemlos möglich ist. Es gibt nur wenige Pakete, die ausschließlich mit xelatex funktionieren. Wenn du das letzte bisschen Geschwindigkeit herauskitzeln musst, weil du Rechnungen für 1 Mio Kunden automatisiert erstellen musst, dann bleib bei pdflatex.


Calvin
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Re: Verbreitung von pdflatex, xelatex und lualatex

Beitrag von Calvin »

Vielen Dank für die ausführliche Antwort. Dann ist pdflatex für mich definitiv raus. Ich werde mal schauen was sich sonst für mich besser anfühlt.

Mit psticks bin ich nie richtig warm geworden. Habe zwar ein Buch von Herbert Voss, aber irgendwann bin ich auf tikz umgestiegen. Heutzutage werde ich beides kaum noch brauchen.


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