LaTeX - Erfahrungsmeinung und Bewertung

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rix
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LaTeX - Erfahrungsmeinung und Bewertung

Beitrag von rix »

Nachdem ich mich nun seit gewisser Zeit mit LaTeX und alle dem drum herum beschäftige, möchte ich eine Art Erfahrungsaustausch beginnen, und gerne wissen, was andere darüber denken:

LaTeX ist Standard im universitären Bereich, und das mit gutem Grund: umfangreichere Schriftstücke, Facharbeiten, die eine Seitennummerierung und Inhaltsverzeichnis aufweisen sollen, lassen sich in Office nur mühevoll bewerkstelligen (wobei dort auch mittlerweile gut möglich). Doch in einer Office Anwendung ein gleichbleibendes Format zu erzielen, ist mehr als umständlich. Auch vom Äußeren her sind die Ergebnisse der Formeleditoren nicht so berauschend und formatierungstechnisch ebenso ein Graus.

Jedenfalls ist der allg. Sprachbau in meinen Augen viel zu unsauber; die Trennung zwischen Struktur/ Layout und Gestaltung ist zwar vorhanden, aber es wird mitten drin im Dokument formatiert und das sollte in meinen Augen nicht sein: Beste Beispiel sind Tabellen.
Natürlich könnte man über sog. Makros gestalterische Befehle an zentraler Stelle vorgeben und jederzeit ändern, doch für jemanden, der CSS und (X)HTML kennt, ist das ein Witz und wirkt einfach völlig veraltet, noch wie Webgestaltung in den 90-er.

Ich stelle mir vor, wie wohl jemand sich durch LaTeX quälen muss, der von Programmierung, Auszeichnungssprachen oder Sonstigem noch nie gehört hat, also völlig fachfremd ist, und nun seine Studienarbeit - oder was auch immer - damit bzw. darin schreibt... irgendwo ist das schon eine gewisse Zumutung, denn in meinen Augen könnte man vieles wesentlich einfacherer gestalten.
Alleine schon dieses "Paket"-Konzept verwirrt... woher soll der oder diejenige wissen, welches nun für was und wie und wo und wann genutzt werden soll, wegen Abhängigkeiten untereinander usw... Dann erscheint es mir so, dass hier auch jeder sein eigenes Süppchen kocht und alles zu einem ganzen vereinigt wurde... aber von einer abgerundeten, in sich geschlossenen Einheit kann nicht die Rede sein.

Natürlich könnte man meinen: Ja , dann müssen die Endanwender eben zeit darin stecken und sich mit der Sache näher beschäftigen. Doch in meinen Augen ist das der grundsätzlich falsche Ansatz: denn mit dieser Auffassung könnte man genauso gut von jedem Rechner-Bedienenden und Nutzenden erwarten, die entsprechenden Recherbefehle beispielsweise zum öffnen von Dateien in Assembler oder Maschinensprache einzugeben,... (manche Linux-Jünger erwarten soetwas ähnliches mit Konsolenbefehle...)
Nein Danke!
Das ist alles in meinen Augen unnötig Zeit... ein System sollte so Anwenderfreundlich und einfach aufgebaut sein wie möglich... das ist für alle schön... sowohl für die Profis als auch Anfänger.

Bei Programmiersprachen mag es aufgrund von der Mitwirkung Mehrerer unterschiedlicher Muttersprache an einem Quelltext eher zu Verwirrung führen, wenn jeder in seiner Sprache schreibt, aber ich wüsste nicht, warum bei solchen Sachen wie LaTeX, welche letztlich von Einzelpersonen für ihre Publikationen genutzt werden, nicht mehrsprachige Befehle unterstützt werden. Das wäre in der Umsetzung ein Kinderspiel und würde wahrscheinlich für viele Fachfremde eine Wohltat sein.

Auch wäre es äußerst zeit-und arbeitssparend, wenn man zwischen web-quellcode, dem, welcher eine Office-Anwendung (Schreibprogramm wie Openoffice) und LaTeX ein uund die selbe Auszeichnungssprache benutzt werden würde... das wäre eine ungemeine Erleichterung, ... man könnte ohne weiteres seine erstellten texte ins Netz stellen... bei dem zuvor genannten Konzept einer klareren Trennung von Gestaltung und Struktur mit Inhalt würde dann die Gestaltung einzeln vorgenommen werden,... wie es derzeit bereits mit CSS möglich ist, für verschiedene Ausgabe-geräte wie Bildschirm, Handy, Druck usw.. eigene Gestaltungsvorgaben anzugeben...



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Was denkt Ihr so darüber?

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Johannes_B
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Beitrag von Johannes_B »

Du musst bedenken, dass viele Standards von Gremien Freiwilliger/Instituionen Freiwilliger (und Firmen) getragen werden. Da muss man einen gemeinsamen Konsens treffen. Bei LaTeX ist der Maintainer für sein Paket verantwortlich, keine Gemeinschaft. So ziemlich keiner der Paketautoren bekommt seine Leistungen bezahlt (finanziell, nicht mal Anerkennung und ein Danke gibt es für die meisten Autoren). Der Autor ist so nett, sein Gedankengut der Öffentlichkeit offenzulegen. Die Nutzung (oder Nichtnutzung obliegt dir).

Den Standard, den du suchst findest du wahrscheinlich in xml.

Zeitfaktor: Ja, wenn man wirklich effizient mit LaTeX arbeiten will, muss man einiges an Zeit investieren. Genauso musst du aber Zeit in Wort-Programme stecken, um effizient und flexible zu arbeiten.
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Johannes_B
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Beitrag von Johannes_B »

Da fällt mir noch ein Punkt ein, hat nichts mit LaTeX an sich zu tun, aber: Die Abkürzung für zum Beispiel, wie wird diese gesetzt? Kein Leerzeichen? Volles Leerzeichen? Halbes Leerzeichen?

Mir persönlich fallen solche Dinge beim betrachten einer wissenschaftlichen Arbeit sofort ins Auge. Aber die Anwenung hat nichts mit der Software zu tun, sondern mit Dingen, die man eigentlich hätte in der Schule lernen sollte.

Eine Software kann niemals einen ganzen Bereich abdecken, letztendlich bist du als Anwender immer der Schuldtragende. Denk nur mal an selbstständig einparkende Fahrzeuge.



Ich hätte mir scheinbar Zeit für eine saubere durchdachte Antwort lassen sollen, im moment blitzen mir immer wieder nur Gedanken durch den Kopf.

LaTeX fordert zu semantischem markup auf, auch was Tabellen anbetrifft. Die meisten Anwender betrachten das aber nicht. Und in Foren jedes Hilfsmakro an semantischen Beispielen zu seigen ist auch nicht Aufgabe der Helfer.

Noch ein Beispiel zu den Paketsuppen: Es gibt mehrere Paket zu SI-Einheiten. Teilweise veraltet. Und ich find das auch gut so, denn ohne Joseph gäbe es weder siunitx, noch chemmacros in der Form wie heute (Dank an dieser Stelle nicht nur an Joseph und das gesamte L3 Team, auch an Clemens für chemmacros).
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rix
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Beitrag von rix »

Das stimmt, um Himmelswillen, ich will nicht undankbar erscheinen.

Mit XML, ja, nur, (zumindest, wer bisschen sich damit beschäftigt hat kann mir jetzt sicher folgen),... scheint das auch nicht so ganz zu fruchten... trotz xml kann ich dennoch nicht so einfach beispielsweise eine odt. datei in eine webseite einbinden... oder umgekehrt... und XHTML konnte sich nicht durchsetzen, weil es zu kompliziert war, wobei an sich die Sprache gut durchdacht wurde (vom reinen Strukturellen her besser als HTML 5), aber diese Trennung mit XForms und alles dieses.. ach ... nee... das war wieder völlig übertrieben ...

weil du sagst freiwillige: Stiftungen und gemeinnützige Vereine, vor allem universitäre Umgebungen bieten sicher Möglichkeiten für die Entwicklung einer Sprache wie TeX.

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Die chemischen Pakete habe ich mir mal angeschaut: hat mich beeindruckt, wie einfach dort hochkomplexe (organische) Strukturen gebastelt werden können.

Beinschuss
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Beitrag von Beinschuss »

Ich gehöre zu den LaTeX-Nutzern, die keine Vorkenntnisse mit logischem Markup etc. hatten. Aber meine Diss wollte ich, nachdem ich einige Erfahrungen mit (buch-)langen Texten in Word gemacht hatte, nicht damit schreiben, vor allem, weil es vor gut 10 Jahren noch keine gescheite, günstige Literaturverwaltung gab, die mit Word zusammenarbeitete (seit Citavi und Zotero ist dies anders). Und da bin ich irgendwie über LyX gestolpert - für mich bot dieses Programm die Vorteile von LaTeX, ohne mich selbst (bis auf wenig Ausnahmen) um das logische Markup kümmern zu müssen. Und das hat prima geklappt. Daher empfehle ich Umsteigern gerne: Fangt mit LyX an, für viele Ansprüche reicht das voll aus.

Und man kann mit LaTeX Texte nun mal kostenlos wunderschön setzen - und von guten Paketautoren bekommt man oftmals sogar Support. Der Autor eines der wichtigsten und wohl auch umfangreichsten Pakete z.B. hat dies nicht nur immer wieder aktualisiert und verbessert, sondern wird auch hier immer noch als Top-Poster geführt, d.h. er hat unheimlich viel Support gegeben (und das nicht nur hier). Bei welcher kommerzieller Software gibt es denn so was?

Helmut

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Johannes_B
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Beitrag von Johannes_B »

Oje, unseren TOP-Poster vergessen. Ist zwar off-Topic, ist mir aber egal: Danke Markus.
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Beitrag von u_fischer »

Alleine schon dieses "Paket"-Konzept verwirrt... woher soll der oder diejenige wissen, welches nun für was und wie und wo und wann genutzt werden soll, wegen Abhängigkeiten untereinander usw... Dann erscheint es mir so, dass hier auch jeder sein eigenes Süppchen kocht und alles zu einem ganzen vereinigt wurde... aber von einer abgerundeten, in sich geschlossenen Einheit kann nicht die Rede sein.
Wechsele zu context. Da hast du deine abgeschlossene Einheit.

Aber ich bleibe bei LaTeX nicht trotz sondern wegen des Paketkonzepts. Ein derartig dezentrales System bedeutet nämlich, dass viele Personen sich mit ihrem eigenen Süppchen einbringen können und das führt zu bunteren Lösungen -- auch in exotischen Fragen und Spezialgebieten.

http://meta.tex.stackexchange.com/quest ... ew-package
http://meta.tex.stackexchange.com/quest ... -here?lq=1

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Beitrag von cgnieder »

Johannes_B hat geschrieben:Dank [...] an Clemens für chemmacros).
Gerne. Wie fast alle meine Pakete ist das aus reinem Eigennutz entstanden :p Aber es ist schön zu wissen, dass andere auch was damit anfangen können :)

Grüße
Clemens
Paketauthor

rix
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Beitrag von rix »

@u_fischer: kennst du abgesehen vom wiki gute seiten zu context ?(idealerweise auf deutsch)

das jeder, der Ahnung hat, TeX erweitern kann, ist natürlich toll und führt auch zu einer Weiterentwicklung und Ergänzung um wichtig Dinge. nur eine gewisse Übersichtlichkeit, und Vereinheitlichung, sodass sich nicht bestimmte Befehle überschneiden, wäre angenehmer... zumindest merke ich das beispielsweise bei Tabellen.

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u_fischer
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Beitrag von u_fischer »

rix hat geschrieben:@u_fischer: kennst du abgesehen vom wiki gute seiten zu context ?(idealerweise auf deutsch)
Nein. Die Dokumentation ist ein Problem - eine Auswirkung der Zentralisierung des Codeschreibens. Das eigene, kleine Paket zu dokumentieren ist einfacher als ein ganzes Format, das auch noch von anderen geschrieben wurde, zu beschreiben.
das jeder, der Ahnung hat, TeX erweitern kann, ist natürlich toll und führt auch zu einer Weiterentwicklung und Ergänzung um wichtig Dinge. nur eine gewisse Übersichtlichkeit, und Vereinheitlichung, sodass sich nicht bestimmte Befehle überschneiden, wäre angenehmer... zumindest merke ich das beispielsweise bei Tabellen.
Nun, niemand zwingt dich Pakete wie tabu zu laden. Und du kannst jederzeit sinnvolle Verbesserungsvorschläge machen. Viele der Paketautoren sind erreichbar.

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