Kommerzielle Schrift - auf was muss ich vor dem Kauf achten? Thema ist als GELÖST markiert

Schriftbild, Absätze und Auflistungen einstellen


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u_fischer
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Beitrag von u_fischer »

FooBar hat geschrieben: Was ist denn nun mit den Nachteilen von LuaLaTeX (wofür konkret taugt das denn nicht)?
Es ist normalerweise langsamer als pdflatex, weil das Laden der Schriften Zeit kostet. Es kann (im Vergleich zu xelatex) nicht so gut mit indischen Schriften (devanagari) und mit bidi (arabisch, hebräisch) umgehen. Und es ist neuer und immer noch in der Entwicklung. Es kann tatsächlich passieren, dass man über ein Problem stolpert, dass vorher noch nie jemand hatte.

FooBar

Beitrag von FooBar »

Danke!

In welchen Größenordnungen bewegt sich "es ist langsamer" denn, Sekunden, Minuten?

Indisch, Arabisch, etc. werde ich wohl nicht (nie) brauchen. Sind die möglichen Probleme ein Grund bei größeren Dokumenten dann doch besser auf LuaLatex zu verzichten (und auf otf Fonts)?

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u_fischer
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Beitrag von u_fischer »

Probiere es doch einfach aus. Es wird dich ja wohl nicht umbringen, mal eine Stunde lang verschiedene Dokumente mit lualatex zu kompilieren.

Gast

Beitrag von Gast »

XeLaTeX kann auch OTF. Verzicht auf LuaLaTeX bedeutet also nicht Verzicht auf OTF.

Es gibt auch Dinge, die LuaLaTeX besser kann als XeLaTeX (siehe beispielsweise [d]microtype[/d] oder [d]pgfplots[/d]). Und für den (westlichen) Normalanwender geht der Wechsel zwischen den beiden meist ohne Änderung am Dokument.

Außerdem bedeutet "in Entwicklung" nicht zwangsläufig "instabil".

Langsamer ist relativ. Ich habe ein Projekt, bei dem diverse Dokumente mit mehrere Tausend Seiten erstellt werden und für jedes Dokument werden mehrere LaTeX-Läufe benötigt. Da macht sich der Zeitfaktor ca. mit Faktor 4 unangenehm bemerkbar (2 Minuten kann man mal eben aufstehen, um den Stuhl laufen, zwei Dehnungsübungen machen, 8 Minuten muss man sich einen Kaffee kochen, auf die Toilette gehen, den Papierkorb leeren und am Kopf kratzen). Bei Einzeldokumenten, bei denen ich die Endfassung nicht gestern haben muss, ist es vollkommen egal.

FooBar

Beitrag von FooBar »

Ich kompiliere doch schon lauter Test-Dokumente. Konnte bisher auch keine Fehler feststellen. Deshalb habe ich gefragt, was da so passieren kann, da bei mir halt nix passiert ist.

Mit der zusätzlichen Zeit kann ich leben.

Danke!

Gast

Beitrag von Gast »

Es gibt eine ganze Latte technische Veränderungen bei LuaTeX im Vergleich zu TeX, eTeX, pdfTeX: http://www.luatex.org/svn/trunk/manual/luatex.pdf Nach dem, was ich finden konnte, schlägt sich das praktisch vor allem bei Wortumbrüchen, Ligaturen, Kerning, Microtypographie ... nieder.

Leider gibt es aus den letzten Jahren (ab etwa 2016) keine guten Übersichten mehr. Vieles bei TeX.SX ist aus den Jahren 2010-2012, z.B. Differences between LuaTeX, ConTeXt and XeTeX, Drawbacks of XeTeX/LuaTeX, oder von TeXWelt (2014) Was ist der Unterschied zwischen `latex`, `pdflatex`, `lualatex` und `xelatex`?

Seit dem hat sich Einiges getan. Einige Hinweise sind somit einfach veraltet. Während zum Beispiel früher immer betont wurde, dass polyglossia der Nachfolger von babel für XeLaTeX und LuaLaTeX ist und babel in älteren Versionen nicht gut mit den beiden klarkam, ist es inzwischen nicht mehr so einfach. babel hat seine Unterstützung für XeLaTeX/LauLaTeX ausgebaut und wird wieder aktiv weiterentwickelt, auch mit Fokus auf XeLaTeX/LuaLaTeX, während polyglossia etwas zurückgefallen scheint und Bugreports schon länger nicht mehr bearbeitet werden.

What are the incompatibilities of pdftex, xetex and luatex? ist von 2015, aber eine Übersicht technischer Natur, die nicht direkt praktische Aussagen für den Endanwender zulasst. Ebenfalls von 2015 ist Choosing TeX engine for novel — just how unstable is LuaTeX? Der Punkt mit der Instabilität als Beta-Version ist inzwischen überholt, 2016 kam LuaTeX 1.0 raus.

Wenn Du Pakete nutzt, die noch aktualisiert und entwickelt werden, solltest Du mit LuaTeX auch keine großen Probleme bekommen, was die Funktionalität der Pakete angeht. Die meisten Entwickler wissen von XeTeX und LuaTeX. Konkret zu Deinen genutzten Paketen: Bei siunitx mache ich mir wenig Sorgen, das wird sehr aktiv entwickelt. chemmacros nutzt wie siunitx auch expl3 und wurde zuletzt August 2017 aktualisiert. Das halte ich also auch für sicher. Auch beamer ist in guten Händen. TikZ und PGFPlots können sogar Vorteile aus LuaTeX ziehen und empfehlen die Verwendung bei rechen- und speicherintensiven Operationen.

biblatex (das kenne ich besser als die anderen Pakete) wird auch aktiv entwickelt und weiß um XeLaTeX und LuaLaTeX. Die grundsätzlichen Funktionen von biblatex selbst werden von der verwendeten Engine nur geringfügig beeinflusst, es gibt aber ein paar crazy Dinge, bei denen LuaTeX/XeTeX vom Vorteil sein kann (plk/biber#559, plk/biber#598). Echter und vollständiger Unicode-Support kann aber nur mit LuaTeX und XeTeX erreicht werden, der pdfTeX-Unicode-Support mit inputenc reicht in Westeuropäischen Sprachen häufig aus, wenn man auf Nicht-ASCII-Zeichen an unanständigen Stellen verzichtet. Es gibt aber auch immer mal wieder Bugs, die erst mit Unicode-Engines auffallen: plk/biber#368, plk/biber#514. Zumindest für biblatex sind dies alles Dinge die aus den Unterschieden zwischen pdfTeX und LuaTeX beim Thema Microtypographie (hier insbesondere spacefactor) und Unicode begründet sind.

Vielleicht kennt ja irgendjemand einen aktuelleren Vergleich oder einen Survey-Artikel in TUGboat oder DTK.

Gast

Beitrag von Gast »

In der Diskussion hatte ich microtype ganz vergessen. Die Unterstützten Features variieren hier deutlich zwischen pdfTeX, LuaTeX und XeTeX.

Habe gerade mal die Probe mit einem Dokument gemacht, an dem ich gerade schreibe (KOMA-Script, Linux Libertine und Biolinum mit libertine, auf Deutsch, ~20 Seiten mit viel Text ein paar wenigen logischen Formeln im Mathemodus, mathtools, biblatex, csquotes, hyperref). Die verschiedenen Engines unterscheiden sich auf einigen Seiten besonders was Umbrüche angeht. Auf anderen Seiten hingegen ergaben sich überhaupt keine Unterschiede (bis auf die Bounding-Boxes der Links). Häufig erschien mir das Bild mit LuaLaTeX etwas stimmiger als mit XeLaTeX, aber bei ein paar Umbrüchen war es genau umgekehrt. Auch bei pdfLaTeX vs. LuaLaTeX ergibt sich ein ähnliches Bild (pdfLaTeX etwas stimmiger als LuaLaTeX). Im Vergleich pdfLaTeX - XeLaTeX gefiel mir pdfLaTeX meist etwas besser, aber es gab ein paar Ausnahmen.

Mit microtype ist das Bild etwas anders. Dort waren zumindest bei mir die Unterscheide zwischen LuaLaTeX und pdfLaTeX recht gering (sie waren da, insbesondere, da die LuaTeX-Version mehr Ligaturen nutzte). Im Mathemodus unterschieden sich die beiden aber etwas, das schaukelte sich auf einer mathelastigen Seite dann sogar zu unterschiedlichen Seitenümbruchen mit vier Zeilen Unterschied auf. XeLaTeX schnitt da insgesamt subjektiv etwas schlechter ab, die Unterschiede zu pdfLaTeX waren größer.

Jetzt ist natürlich die Frage, ob ich das Schriftbild irgendeiner Version im Großen und Ganzen wirklich besser oder harmonischer ist. Mir sind viele Dinge nur im direkten Vergleich aufgefallen und dann konnte ich häufig sagen, welche Entscheidung mir in diesem Augenblick besser gefiel. Letztendlich sahen aber alle Dokumente für meine untrainierten Augen ordentlich aus. Es hat sich ohne microtype keiner signifikant schlechter geschlagen als die anderen, sodass das ein Ausschlusskriterium wäre. Da microtype was Feines ist, hätten mit microtype LuaLaTeX und pdfLaTeX die Nase etwas vor XeLaTeX.

FooBar

Beitrag von FooBar »

Vielen Dank für die ausführliche und informative Antwort!

AufDieSchnelle

Beitrag von AufDieSchnelle »

Ich bin sicherlich eher als "normaler" Anwender von Latex zu sehen und mein Wissen ist sicherlich nicht so ausgeprägt, wie das der anderen User hier. Dennoch möchte ich meine Erfahrung preisgeben, da ich vor zwei Jahren komplett von pdflatex auf lualatex umgestiegen bin und keinen einzigen Nachteil als Normalanwender im technisch-wissenschaftlichen Bereich auflisten könnte.

Ganz im Gegenteil: Durch die Möglichkeit der Implementierung der modernen Programmiersprache "lua" in lu(la)atex ergeben sich meines Erachtens viele Möglichkeiten Probleme "einfach" zu lösen. Ich finde die Syntax beim Programmieren von Latex katastrophal und kann mich auch nach Jahren nicht aufraffen, diese lernen zu wollen.

Kurz und knapp: ich kann lualatex nur empfehlen und auch den Nachteil der langsamen Kompilierung nach ich nicht bestätigen. Es mah sein, dass lualatex langsamer ist, aber wir bewegen uns doch hier eher im Sekundenbereich. Und unte runs: Ist es denn soooo tragisch, wenn mein Dokument zum Kompilieren 40 oder 50 sec benötigt? Die Vorteile überwiegen m.E. hier deutlich die Nachteile.

FooBar

Beitrag von FooBar »

Danke für deinen Praxisbericht!

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