phi hat geschrieben:Meiner Meinung kann man nicht erwarten, dass ein Anwender in Vortragsfolien von 1999 oder im Quellcode nach einem nicht im Handbuch dokumentierten Befehl sucht.
Schreib das Heiko. Er wird Dir antworten, dass Du gerne die Anleitung ergänzen und ihm schicken darfst. Hast Du eine Ahnung, wieviel Arbeit es ist, diverse Pakete einschließlich Anleitung zu pflegen? (Für KOMA-Script kann ich es Dir sagen: Allein die Überarbeitung für Version 3.00 hat drei Monate Vollzeit gekostet - ohne die anschließende Korrekturarbeit.)
Ich teile durchaus die Einstellung, dass was nicht dokumentiert ist, auch nicht existiert. Dass aber alles in einer einzigen Datei dokumentiert sein muss, davon kann ebensowenig die Rede sein, wie dass ein freiwilliger Entwickler auch noch selbst die DAU-taugliche Anleitung schreiben muss. Ich betrachte es sogar als großen Mangel der LaTeX-Nutzergemeinschaft, dass diese Arbeit auch noch auf die wenigen Entwickler abgewälzt wird. Eigentlich sollte es genügen, wenn Entwickler stichwortartige Kurzanleitungen verfassen und der Rest von anderen erledigt wird.
Das hat beispielsweise bei scrjura sehr gut funktioniert. Natürlich gab es dabei die eine oder andere Rückfrage. Die Anleitung selbst hat aber ein ganz normaler Anwender verfasst. Vorteil dabei ist auch, dass der (oft gelesene) Vorwurf, dass mal wieder ein Informatiker von seiner hohen Warte herunter etwas unverständliches verzapft habe, in diesem Fall nicht greift.
Negativbeispiel ist die KOMA-Script-Anleitung von 2002 (oder war das schon 2001???). Damals hatte ich vorgeschlagen, interessierte Anwender beim Verfassen einer komplett neuen Anleitung zu unterstützen. Bis zu dem Zeitpunkt war die Anleitung eine 64-seitige Auflistung von Befehlen, deren Syntax und Funktion, jedoch fast ohne Anwendungsbeispiele. Damals haben sich fast ein Dutzend Leute gemeldet. Bei der Aufstellung der Anforderungen und der Planung der neuen Anleitung, haben dann noch ca. drei Leute ihren Senf beigetragen. Als es darum ging, wer welchen Teil übernehmen will, herrsche Totenstille. Ich habe dann selbst innerhalb eines halben Jahres, parallel zur Entwicklung von scrlttr2 die neue Anleitung geschrieben. Am Ende war ich so erledigt (ich hatte damals Haushalt, Familie, Beruf und LaTeX - noch heute sind die Prioritäten hier oft falsch verteilt), dass ich das Kapitel über scrlttr2 nur noch mühsam zusammengebacken habe. Das war bis Version 3.00 mit dem komplett neuen Kapitel (wieder von mir) einer der Hauptschwachpunkte. Als ich mich damals über dieses Verhalten beklagt habe, hat sich übrigens tatsächlich ein weiterer Freiwilliger gemeldet, der auch wirklich etwas abgeliefert hat. Heute stammt von Jens noch immer das Kapitel über scrpage2. Dessen große Überarbeitung wird aber ebenfalls an mir hängen bleiben. Inzwischen brauche ich übrigens für die Teile, die bereits in der Anleitung sind, keine Hilfe mehr - bei der Übersetzung schon. Trotzdem kostet die Anleitung auch heute noch oft mehr Zeit als die eigentliche Entwicklung.
Ich wollte das mal erwähnen, weil viele Anwender sich ganz falsche Vorstellungen machen. Sicher gibt es auch Entwickler, die das während ihrer normalen Arbeitszeit machen dürfen. Heutzutage dürfte das bei LaTeX aber die absolute Ausnahme sein.
BTW: Als ich schon einmal jemandem, der sich über mangelnde Doku beschwert hat, auf die Problematik hingewiesen habe, hat der damals gleich die erste Anleitung zu KOMA-Script genommen und die von ihm kritisierten Mängel beseitigt. Das rechne ich Harald heute noch sehr hoch an. Er hat damit nicht nur mir, sondern damals vor allen den anderen Anwendern einen großen Dienst erwiesen! Dass er aus Scham gleich noch seinen Vornamen geändert hat, wäre aber nicht nötig gewesen.
Und damit habe ich die beiden Stunden, die ich heute für LaTeX eingeplant hatte, auch schon wieder verbraucht. Ich werde mich also ggf. bei weiteren Beiträgen eher
kurz fassen.